Es wäre beinahe das Aus für seinen Instandhaltungsbetrieb gewesen, hätte Günter Schuster nicht einen Nachfolger gefunden, der an seiner Stelle als Geschäftsführer das Unternehmen weiterführt. Mit 68 Jahren will der Thiemendorfer jetzt in den Ruhestand gehen.
Seit 1. Juli ist Leo Borch der neue Chef nicht nur für den Hauptsitz am Weidmannsheim zwischen Niesky und Horka, sondern auch für den Betriebsteil in Weißwasser. Günter Schuster ist froh, einen jungen Mann für die Betriebsführung gewonnen zu haben. Mit 22 Jahren dürfte Leo Borch mit einer der jüngsten Geschäftsführer im Kreis Görlitz sein.
Im Handwerk jeder Fünfte über 60 Jahre
Das ist schon ein Glücksfall, zumal von Günter Schusters Kindern keines den Job des Vaters weiterführen will. Die Industrie- und Handelskammer Dresden rechnet damit, dass etwa 1.000 Unternehmen, deren Inhaber, Gesellschafter oder Geschäftsführer älter als 58 Jahre ist, in den kommenden Jahren ihre Übergabe regeln müssen. Das entspricht rund neun Prozent aller Unternehmen der IHK Dresden, die im Kreis Görlitz angesiedelt sind. Bei diesen Zahlen wurden die Handwerksbetriebe und Freiberufler nicht berücksichtigt.
Die Handwerkskammer Dresden hat ausgerechnet, dass im Kreis Görlitz jeder fünfte Einzelunternehmer im vergangenen Jahr über 60 Jahre alt war, sodass hier in den nächsten Jahren eine Nachfolge zu erwarten ist. Weitere 15 Prozent waren 2023 zwischen 55 und 60 Jahre alt, sodass hier innerhalb der nächsten zehn Jahre von einer Übergabe ausgegangen werden kann. Wie viele Chefs schon einen Nachfolger im Köcher haben, darüber gibt es im Handwerk keine Zahlen.
Ein Kenner großer Maschinen
Mit großen Maschinen kennt sich Leo Borch als gelernter Landwirt aus. Vor seinem Wechsel nach Niesky arbeitete er bei einem Händler für Landmaschinen. Nun sind es Baumaschinen wie Bagger und Radlader, die er nicht nur verkauft oder vermietet, sondern auch warten und instand setzen lässt. „Die Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht, denn um einen Betrieb zu führen, gehört mehr dazu als Verkaufstalent“, sagt der neue Chef. Die Zukunft selbst mitzugestalten und durch eigene Arbeit die Region stärken, das treibt Leo Borch an.
Zu Hause ist Leo Borch mit Frau und Sohn in Daubitz. Dass der Wechsel zum Geschäftsführer in sowohl wirtschaftlich als auch politisch nicht einfacher Zeit erfolgt, ist dem jungen Mann bewusst. „Aber ich fange nicht bei null an, weder was den Betrieb betrifft noch meine Ausbildung und bisherigen Erfahrungen“, sagt er optimistisch.
Mit fünf Mitarbeitern angefangen
„Die Zeiten sind heute andere“, sagt Günter Schuster. Nicht zu vergleichen mit den „wilden“1990er-Jahren, als sich der gelernte Maschinen- und Anlagenmonteur selbstständig machte. „Da wusste keiner so richtig, wo die Reise hingehen würde.“ Günter Schuster nahm das Risiko und einen Kredit auf sich, gründete am 2. März 1991 mit dem Kauf der ehemaligen LPG-Werkstatt in Nieder Seifersdorf seinen Betrieb für Instandhaltung und beschäftigte fünf ehemalige LPG-Mitarbeiter. Im August desselben Jahres kam der abgewickelte Meliorationsbetrieb in Niesky hinzu und wurde zum Sitz der Firma. Der wachsende Bedarf an Baumaschinen und ihrer Instandhaltung führte am 6. Januar 1995 zur Eröffnung einer Niederlassung in Weißwasser.
„Mit fünf Leuten habe ich begonnen, zwischendurch beschäftigte ich bis zu 40 Mitarbeiter, jetzt zählt die Belegschaft 15 Mitarbeitende“, fasst Günter Schuster die Personalentwicklung zusammen. Gute Leute zu bekommen, wurde in den jüngeren Jahren immer mehr zu einem Problem. „Wir könnten noch fünf Schlosser beschäftigen. Wir haben Aufträge, aber uns fehlen die Fachleute dafür“, sagt Schuster. Er setzt auf die Ausbildung, zeitweise lernten drei Lehrlinge zugleich im Betrieb. Jetzt ist einer in der Berufsausbildung.
Ausbildung sichert Fachleute
Leo Borch will das fortsetzen. „Wenn wir nicht ausbilden, brauchen wir uns über den Mangel an Fachkräften nicht zu beklagen“, betont er. Kein einfaches Unterfangen für so einen mittelständischen Betrieb, wenn sich einige Gesellen nach ihrer Ausbildung bei Schuster einen besser bezahlten Job suchen. „Ausbildung kostet Geld, und das will nicht jeder Unternehmer ausgeben, also wird abgeworben“, kritisieren Borch und Schuster gleichermaßen.
Beide stimmen überein, würden mehr Firmen und Unternehmen kontinuierlich ausbilden, gäbe es auch mehr Fachkräfte. Inzwischen hat sich das Verhältnis zwischen Lehrling und Ausbildungsplatz umgekehrt.